Zertifikate sind eine bekannte und empfehlenswerte Geldanlage-Möglichkeit. Vor allem für private Anleger. In diesem Artikel erkläre ich euch, wie Zertifikate entstehen und was der Hintergrund dieser Produktidee ist
Zertifikate, ganz egal in welcher Form, sind eine der modernsten und innovativsten Anlagemöglichkeiten. Ganz speziell für private Investoren. Wenn du im Internet, in einer Anzeige, bei deiner Bank oder deinem Anlageberater ein bestimmtes, fertiges Zertifikat angeboten bekommst, dann kannst du davon ausgehen, dass bei der emittierenden Bank im Vorfeld ein langer und aufwendiger Entwicklungsprozess für dieses Zertifikat stattgefunden hat. Viele Anleger und auch Anlageberater machen sich über das Entstehen der Zertifikate relativ wenig Gedanken. Um aber den Sinn und die Funktionsweise dieser Anlagemedien vollkommen zu verstehen und nachvollziehen zu können, solltest du dich ein wenig mit dem „Vertragspartner“, also dem Emittenten der Zertifikate auseinander setzen.
Jede halbwegs gute Emissionsbank beschäftigt hoch bezahlte Spezialisten, deren Job es ist, neue, moderne und vor allem innovative Finanzprodukte, wie ein Zertifikat, zu kreieren und auf den Markt zu bringen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Finanzindustrie kaum von anderen Branchen. Im Fokus steht der Kunde, den es gilt zufrieden zu stellen und auf dessen Bedürfnisse einzugehen. Wie gut man diese Aufgabe erledigt, entscheidet über geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg eines Finanzunternehmens.
Zertifikate – Die Summe vieler Ideen
Um Zertifikate zu kreieren, steht den Spezialisten eine immense Fülle an Finanzprodukten zur Verfügung, zu denen Privatanleger teilweise überhaupt keinen Zugang haben und von deren Existent sie oft noch gar nichts gehört haben. Dazu gehören beispielsweise auch die so genannten Finanzderivate. Die Spezialisten für die Kreation der Zertifikate hinter den gläsernen Fassaden der Banken haben zum Beispiel die Aufgabe, aus der Vielzahl dieser möglichen Finanzprodukte wiederum Produkte zu entwickeln, deren Chancen-/Risikostruktur möglichst besser als die „herkömmlichen“ Anlagemedien ausfallen und natürlich möglichst besser sind, wie die der erlauchten Konkurrenz. Wer die besseren Produkte kreiert und seinen Anlagekunden höhere Renditen bescheren kann, der wird im immer härter werden Wettbewerb unter den Banken auch langfristig die Nase vorn haben.
Von der Produktidee zum Zertifikat
Die Spezialisten in den „Entwicklungsabteilungen für Zertifikate“ der Emissionsbanken, meist sehr erfolgreiche Investmentbanker, gehen bei der Ideenfindung für ein neues Zertifikat in der Regel nicht von allgemeinen Meinungen oder Markttrends aus, die ihnen vielleicht von ihren Vorstandsetagen vorgegeben werden. Das wird sicher sehr oft behauptet und ich kenne diese Vorurteile! Doch ich war selbst Investmentbanker, gehörte lange Zeit auch zu diesen Produktentwicklern und kann dir versichern, dass dies nun wirklich nicht zutrifft. Ähnlich wie die Ingenieure eines Automobilherstellers steht bei den Zertifikate – Entwicklern immer zuerst der Bedarf des potenziellen Kunden und damit die Frage im Vordergrund „Welches Anlagekonzept bringt die bestmöglichen Renditechancen, wenn eine bestimmte Marktentwicklung einsetzt?“.
Das Ziel für gute Zertifikate ist: Den Anlegern möglichst maßgeschneiderte Produkte für alle erdenklichen Markt- und Börsenphasen zur Verfügung zu stellen, damit er von diesen auch bestmöglich profitieren kann. Wie sich die Kurse der Basiswerte neuer Zertifikate dann schließlich entwickeln werden, kann und muss jeder Anleger selbst analysieren und einschätzen. Das Zertifikat ist ja „nur“ ein sehr wirksames Instrument, um eine bestimmte Marktentwicklung hinsichtlich des Profits zu optimieren. Tatkräftige Unterstützung bei der Marktprognose und Analyse erhält man zum Beispiel aus den Medien und/oder speziellen Informationsdiensten, die zum Teil auch von den Emittenten der Zertifikate mit finanziert werden. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung haben Banken natürlich ein großes und ureigenes Interesse daran, dass möglichst viele Anleger in Sachen Marktprognose und Analyse zu Experten werden und mit sicherer Hand die besten Anlagechancen selbst auswählen können.
Ein Zertifikat wird entwickelt
Für die Entwicklung einer Produktidee (zum Beispiel ein Zertifikat) ist sehr viel mathematisches Know-how, finanzanalytisches Wissen und vor allem sehr viel Arbeit nötig, bis man ein neues Zertifikat entwickelt hat. Erst wenn diese umfangreichen Vorarbeiten abgeschlossen sind, kann und muss ein Zertifikat zur Marktreife gebracht werden. Dazu muss der Emittent im eigenen Hause sehr viele handelstechnische Vorbereitungen erledigen. Dazu gehört auch die Erstellung eines verbindlichen Verkaufsprospekts. Dieser muss schließlich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Prüfung vorgelegt werden. Anhand dieses Verkaufsprospekts prüft die BaFin das neue Zertifikat und leitet ein Genehmigungsverfahren ein. Wenn die Genehmigung erteilt wird, dann kann das neue Zertifikat für die Emission freigegeben werden.
Der Verkaufsprospekt für Zertifikate
Bei einem Verkaufsprospekt für Zertifikate handelt es sich beileibe nicht um irgend eine Werbebroschüre, was von vielen Anlegern fälschlicherweise angenommen wird. Verkaufsprospekt und Werbebroschüre für Zertifikate sind zwei völlig unterschiedliche Paar Stiefel. Letzteres gehört sicher auch zu einem Zertifikat, wie zu jedem anderen (Finanz-) Produkt auch. Es ist schließlich das gute Recht eines jeden Produktanbieters, auf leicht verständliche Weise für sein Zertifikat zu werben. Der Verkaufsprospekt für Zertifikate hingegen ist eher eine hoch offizielle, nüchterne und ausführliche Abhandlung über die exakte Funktionsweise und alle denkbaren Abhandlungen, die ein neues Zertifikat betreffen. Dieses muss bei der BaFin eingereicht und dort geprüft werden.
Dazu verwenden Zertifikate – Emittenten in der Regel einen so genannten „unvollständigen Verkaufsprospekt“, der zwar die komplette Struktur von einem Zertifikat umfassend und nachvollziehbar erklärt, aber noch nicht das einzelne Produkt mit seinen speziellen Ausstattungskriterien, der Wertpapierkennziffer usw. enthält. Nach einer ersten Genehmigung der BaFin muss die emittierende Bank noch Nachträge zum unvollständigen Prospekt einreichen, wenn neue Zertifikate derselben Struktur ausgelegt werden. Das alles kostet natürlich auch Geld, das die Emittenten vorfinanzieren müssen.
Die Verkaufsprospekte für Zertifikate stellen nicht unbedingt ein amüsantes Lesevergnügen für lange Winterabende vor dem Kamin dar. Dennoch sollte es für jeden Anleger Pflicht sein, diese Prospekte genau zu studieren. Sie regeln nämlich die Konditionen und die Bedingungen zwischen Emittent und Käufer für das betreffende Zertifikat. Nach der endgültigen Genehmigung durch das BaFin kann der Emittent sein Zertifikat auf den Weg bringen und zur Zeichnung anbieten. Mit seinen spezifischen Parametern, einer Wertpapierkennziffer sowie einer ISIN (International Securities Identification Number) ausgestattet, kann das neue Zertifikat als ordentliches Wertpapier vom Anleger erworben werden.
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